1. Allgemeines
Bei Erforderlichkeit sind Leistungen in einer teilstationären Pflegeeinrichtung (Tages- oder Nachtpflegeeinrichtung) nach § 61 Absatz 2 SGB XII in Verbindung mit § 28 Absatz 1 Nummer 6 SGB XI zu gewähren. Teilstationäre Pflege in einer Einrichtung der Tages- oder Nachtpflege kommt als ergänzende Leistung zur ambulanten Pflege in Betracht, wenn diese unterstützt und abgesichert werden soll.
Hinweis: Nachtpflege ist bisher in Berlin nicht angeboten worden.
Leistungen kommen in Betracht für Personen, die
- nicht pflegeversichert sind (auch sog. Chipkartenfälle nach § 264 SGB V ) oder
- die Wartezeit für Leistungen der Pflegeversicherung von zwei Jahren noch nicht erfüllt haben (§ 33 Absatz 2 SGB XI ) oder
- nicht erheblich pflegebedürftig sind (Pflegestufe 0) und nicht wegen erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz die Voraussetzungen des§ 45a SGB XI erfüllen oder
- ergänzende Hilfe benötigen.
2. Vorrangige Leistungen nach § 41 SGB XI
Die Bewilligung teilstationärer Pflege erfolgt vorrangig nach § 41 SGB XI durch die Pflegekasse. Sie setzt voraus, dass die häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt werden kann oder dass die Ergänzung oder Stärkung der häuslichen Pflege erforderlich ist. Die Bewilligung ist damit an die Feststellung gebunden, dass die ambulante Versorgung damit sichergestellt werden und eine vollstationäre Unterbringung vermieden werden kann.
Die monatlich gedeckelten Leistungen sind nach Pflegestufen gestaffelt der Tabelle Leistungsbeträge der Pflegeversicherung im Hauptteil, Abschnitt I, Ziffer 2.1.8. zu entnehmen. Zu beachten ist, dass § 123 Abs. 2 SGB XI auch Versicherten ohne Pflegestufe Leistungen für die teilstationäre Versorgung einräumt, soweit sie wegen erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz die Voraussetzungen des § 45a SGB XI erfüllen.
Die Leistungen für die Tagespflege können neben Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI oder dem Pflegegeld nach § 37 SGB XI in Anspruch genommen werden.
Im Rahmen der Höchstbeträge übernehmen die Pflegekassen die Aufwendungen der Grundpflege, der sozialen Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege, nicht jedoch die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung oder Investitionskosten.
Die teilstationäre Leistung nach § 41 SGB XI umfasst auch die notwendige Beförderung von der Wohnung in die Einrichtung und zurück.
3. Leistungsgewährung nach § 61 Absatz 2 SGB XII i. V. m. § 28 Absatz 1 Nummer 6 SGB XI
Die Pflegekassen folgen bei Vorliegen von Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI in der Regel dem Antrag des Pflegebedürftigen auf Leistungen der Tagespflege im Rahmen ihrer (betraglich begrenzten) Leistungsverpflichtung. Daher ist bei Beantragung von ergänzenden Leistungen nach § 61 Absatz 2 SGB XII in Verbindung mit § 28 Absatz 1 Nummer 6 SGB XI zwar die Entscheidung der Pflegekasse über die grundsätzliche Notwendigkeit der Tagespflege zu Grunde zu legen. Es obliegt dem Sozialhilfeträger jedoch, im Rahmen seiner Bedarfsfeststellung den notwendigen Umfang (Anzahl der Besuchstage) der Inanspruchnahme zu prüfen und festzulegen.
Bei Pflegebedürftigen ohne Ansprüche aus der Pflegeversicherung erfolgt auch die Feststellung der Erforderlichkeit einer Tagespflege durch den Pflegebedarfsermittlungsdienst. Die Leistungsvoraussetzungen sind anhand der in § 41 Absatz 1 SGB XI genannten Kriterien zu prüfen (siehe 2.). Anlass für eine erforderliche Tagespflege kann beispielsweise
- die Überforderung/Überlastung der Pflegeperson,
- die Ermöglichung einer (Teil-)Erwerbstätigkeit der Pflegeperson,
- die starke Erhöhung des Pflegebedarfs oder
- die Notwendigkeit einer ständigen Beaufsichtigung (Personenkreis des § 45a SGB XI) sein.
Andererseits kann nur das Bedürfnis nach Abwechslung und Gesellschaft nicht die Notwendigkeit einer Tagespflege begründen. Die Leistung von Tagespflege wird daher auch im Rahmen des SGB XII regelmäßig nur bei gleichzeitiger Zuerkennung einer Pflegestufe in Betracht kommen.
Der Sozialhilfeträger übernimmt grundsätzlich nach § 75 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 5 SGB XII neben den Aufwendungen für die Grundpflege, der sozialen Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege (Maßnahmepauschale) die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung (Grundpauschale) sowie Investitionskosten. Auch die Kosten der notwendigen Beförderung von der Wohnung zur Tagespflegeeinrichtung und zurück sind zu übernehmen. Die Grundpauschale ist allerdings Hilfe zum Lebensunterhalt.
Neben den Leistungen für die teilstationäre Betreuung ist im Rahmen einer bedarfsdeckenden Hilfe zur Pflege auch die Gewährung von Leistungen für die Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst möglich. Gleichzeitig gewährtes Pflegegeld kann angemessen gekürzt werden (§ 66 Absatz 3 SGB XII); für die Kürzung siehe Modul 1 – Pflegegeld –, Ziffer 3 und 4.
4. Zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45b SGB XI
Auch die zusätzlichen Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45 b SGB XI können für die Inanspruchnahme der Tagespflege eingesetzt werden. Mit ihnen können auch die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten finanziert werden. Die zusätzlichen Betreuungs- und Entlastungsleistungen sind zwar nicht auf die Leistungen nach § 61 Absatz 2 SGB XII in Verbindung mit § 28 Absatz 1 Nummer 6 SGB XI anrechenbar (§ 13 Absatz 3a SGB XI ). Sie können dennoch Auswirkungen auf den festgestellten Hilfebedarf haben (siehe Modul 13 zu § 45b SGB XI).