1. Erweiterung des Häuslichkeitsbegriffs
Im Zusammenhang mit der häuslichen Krankenpflege hat der Gesetzgeber den Häuslichkeitsbegriff erweitert. Danach können häusliche Krankenpflege und Behandlungspflege auch „ sonst an einem geeigneten Ort“ zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Geeignete Orte sind insbesondere betreute Wohnformen, Schulen und Kindergärten, und bei besonders hohem Pflegebedarf auch Werkstätten für behinderte Menschen (§ 37 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, 1. HS SGB V).
Der Gemeinsame Bundesausschuss ist beauftragt, in Richtlinien nach § 92 SGB V festzulegen, an welchen Orten und in welchen Fällen die Leistungen der häuslichen Krankenpflege bzw. der Behandlungspflege zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden können.
2. Verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen
§ 37 Abs. 2, S. 1, 2. HS SGB V bestimmt in Vollziehung der BSG – Rechtsprechung nunmehr, dass der Anspruch auf Behandlungspflege auch verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen umfasst. Das gilt auch dann, wenn dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist.
Zu den verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen gehören nach der amtlichen Begründung insbesondere- das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen ab Klasse 2,
- die oro / tracheale Sekretabsaugung,
- das Einreiben mit Dermatika,
- die Verabreichung eines Klistiers, eines Einlaufs,
- die Einmalkatheterisierung,
- das Wechseln einer Sprechkanüle gegen eine Dauerkanüle bei Tracheostomapatienten zur Ermöglichung des Schluckens,
- Maßnahmen zur Sekretelimination bei Mukoviszidose,
Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien das Nähere über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen.
3. Behandlungspflege in Pflegeeinrichtungen
Darüber hinaus hat der Bundestag festgelegt, dass die in vollstationären Pflegeeinrichtungen sowie in Einrichtungen der teilstationären und der Kurzzeitpflege erforderlichen Leistungen der medizinischen Behandlungspflege (§§ 41 Abs. 2, 42 Abs. 2, 43 Abs. 2, 3 und 5) auch in Zukunft nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden.
Eine Ausnahme gilt allerdings für Versicherte in vollstationären Pflegeeinrichtungen nach § 43 SGB XI, die voraussichtlich für mindestens sechs Monate einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben (§ 37 Abs. 2 S. 3 SGB V) .
Nach der amtlichen Begründung ist nur an einen eng begrenzten Personenkreis mit besonders hohem Versorgungsbedarf gedacht, z.B. Wachkomapatienten und langzeitbeatmete Patienten.
Der Gemeinsame Bundesausschuss ist verpflichtet, in Richtlinien nach § 92 SGB V konkret festzulegen, in welchen Fällen die medizinische Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden kann. Diese Richtlinien werden jedoch voraussichtlich nicht vor September des Jahres vorliegen.
Es ist zwar davon auszugehen, dass die Krankenkassen erst ab dem Vorliegen der genehmigten Richtlinien die entsprechenden Ansprüche auf Behandlungspflege anerkennen, weil diese erst dann ausreichend konkretisiert sind. Dennoch sollten spezifische Personenkreise schon jetzt Ansprüche gegen Ihre Krankenkasse geltend machen. Nach § 104 SGB X sind entsprechende Erstattungsansprüche an die betreffenden Krankenkassen zu richten.
Wegen der Unklarheiten in Bezug auf den leistungsberechtigten Personenkreis wird zunächst bei Wachkoma- und langzeitbeatmeten Patienten sowie bei allen Pflegebedürftigen, bei denen ein Härtefall anerkannt worden ist, eine Antragstellung empfohlen. Darüber hinaus ist es angezeigt, dass die Bewohner der BWS Blindenwohnstätten Spandau (blinde, schwerst mehrfach behinderte Bewohner) Anträge auf Behandlungspflege stellen.
Sobald die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in wirksamer Form vorliegen, werde ich dies bekannt geben: Schreiben vom 4. Juni 2009
4. Spezialisierte ambulante Palliativversorgung
Nach § 37b SGB V haben Versicherte nunmehr einen eigenständigen Anspruch auf eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung, wenn sie an einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung leiden, eine begrenzte Lebenserwartung haben und eine besonders aufwändige Versorgung benötigen.
Der Anspruch besteht nach Absatz 2 auch für Versicherte in stationären Pflegeeinrichtungen. Er umfasst ärztliche und pflegerische Leistungen.
Näheres legt der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 SGB V bis zum 30. September 2007 fest. Sobald die Richtlinien in wirksamer Form vorliegen, werde ich dies bekannt geben.
Hier erhalten Sie weitere Informationen:
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§§ 14 ff. SGB XI
Externer Link – gesetze-im-internet.de
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Rundschreiben I Nr. 04/2005
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Rundschreiben I Nr. 01/2007
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Schreiben vom 04.06.2009
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Schreiben vom 06.12.2012
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Schreiben vom 29.07.2014
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Rundschreiben Soz Nr. 09/2015
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